Abenteuer in der Bergwelt des Himalaya

Drei Wochen Lodge-Trekking im Khumbutal zum Basislager am Mount Everest, im April 2006. Hier einige Tage als Vorgeschmack auf's Buch:



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1. Tag: Flug nach Lukla und Wanderung nach Monju
Wir sind eine bunt gemischte Gruppe von 6 Frauen und 7 Männern aus allen Teilen Deutschlands. Der Flug dauerte 45 Minuten und war an sich schon abenteuerlich genug. Nach geglückter Landung machte sich unser Gepäck mit kleinen einheimischen Männern selbständig und verschwand, was allerdings nur Susanne und mich zu interessieren schien. Mit unserem Guide Phunthundu Sherpa (kurz Phu) und dem hinzugekommenen zweiten Guide Ram Bahadur Lama (kurz Ram) marschierten wir durch Lukla, pausierten auf dem Hinterhof einer Lodge, während Phu die Träger für unser Gepäck aussuchte, was erstaunlicherweise genau hier wieder auftauchte. Um acht Uhr dann endlich startet die Tour und wir ziehen durch das Tor aus Lukla hinaus. Die "Straßen", wenn man sie so nennen will, waren keine Straßen und dies schon mal gar nicht eine Hauptstraße, der eigentliche Hauptverbindungsweg nach Namche Bazar und weiter hinauf in die Berge des Himalaya.
Es ging durch viele kleine Ortschaften, bergauf und bergab, über Hängebrücken, am Fluß Dudh Koshi (Weißer Milchfluß) entlang oder darüber hinweg. Viele Glaubenszeichen in allen Formen und Größen säumen unseren Weg. Besonders durch Ghat entstehen viele Fotos. Wir wissen, dass man diese Manisteine und -mauern, Tschörten und andere Dinge immer links umgeht, weil es sonst Unglück bringt. Und wer kann das auf so einer Tour schon gebrauchen?
Es war recht beschwerlich, bis wir (zumindest ich) völlig erschöpft in unserer Lodge in Monju ankamen, nachmittags 14.30 Uhr, fast auf der selben Höhe wie Lukla gelegen.
Unsere Schlafräume waren ernüchternd: 2Pritschen mit Schaumstoffaufliegern, je ein Kissen und eine Hakenleiste an der Wand waren das ganze Inventar unseres Zimmers. Ein Stehklo im Gebäude und ein Wasserhahn über einem hölzernen Waschtrog in eben diesem Kloraum waren großer Luxus, was ich allerdings erst im Laufe der Tour erkannte.
Am Abend dann eröffnete uns Phu, dass in diesem Tal kein Tier geschlachtet werden darf, nur in Lukla, was bedeuten sollte, dass es die ganze Tour von 17 Tagen kein Fleisch zu essen geben wird. Und das mir! Alle Mitgereisten, die mich kannten, bedauerten mich mit den unpassendsten Kommentaren. Das wurde ja immer heiterer! Nichtsdestotrotz: das Essen schmeckte, zumindest an diesem ersten Abend in den Bergen

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2. Tag: Von Monju nach Namche Bazar
Bei herrlichem Sonnenschein wandern wir nach einem ausgiebigen Frühstück frohgelaunt los. Die Stimmung ist gut wie das Wetter. Unterwegs immer wieder Glaubenszeichen, auf dieser Etappe meistens an Felsen und auf Stein gemalte Schriftzeichen, Gebetsfahnen flattern im Wind. Wieder wechseln wir über viele Hängebrücken von der Schattenseite auf die Sonnenseite des Flusses und zurück. Und dann endlich, eine Stunde nach Abmarsch rasten wir im trockenen Flußbett mit Blick auf die berühmte Hillary-Bridge. Hoch über uns verbindet sie zwei gegenüberliegende Felswände, ca. 50m über dem Fluß. Viele Gebetsfahnen und Kathaks flattern am "Geländer" der historischen Hängebrücke und Phu bindet noch welche dazu.
Von da an gings bergauf, immer weiter hinauf, mit vielen schönen Landschaftsblicken und Fotos, bei herrlichem Wetter.
Und dann endlich der Blick auf Namche Bazar. Atemberaubend liegt der Ort in einem Halbrund, die Häuser, Gärten und Felder auf Etagen verteilt, bis hoch hinauf, fast bis zu den Wolken. Auch hier ein Eingangstor, das wir passieren und eine riesige Tschörte, die wir links umrunden und die ins Mauerwerk eingelassenen Gebetsmühlen drehen.
Die breite "Hauptstraße" die in den Ort führt, wird von Gebetsmühlen, die mit Wasser angetrieben werden, rechter Hand gesäumt und links von einer hohen Steinmauer flankiert.
Die Straßen im Ort verwundern mich schon nicht mehr. Allerdings frage ich mich zum wiederholten Male, wo die Straße für die Autos und Laster entlangführt.
Wir folgen staunend unserem Guide und schauen mal hier und mal dort nach den Auslagen. Die Verkaufskultur kommt uns mittlerweile bekannt vor und was uns andere aus der Gruppe schon erzählten: hier gibt es alles, was das Bergsteigerherz begehrt. Plagiate hin oder her, auf jeden Fall kann man sich hier in der Sherpastadt mit allem versorgen, was man in den Bergen braucht.
Phu führt uns zum "Hotel Namche", zeigt uns die Zimmer und entlässt uns in die Freizeit. Wir haben ein Eckzimmer im zweiten Stock mit atemberaubendem Ausblick auf die Berge einerseits und einem Nachbarhaus mit Innenhof andererseits. Es gibt Licht und Steckdose, also zuerst alle Akkus aufladen! Die Toilette hat einen richtigen Klokörper und Spülung, mehr Luxus gab es nicht mehr auf der ganzen Bergtour! Das Waschbecken für alle war auf dem Gang, ein Duschraum für alle eine Etage tiefer, mit großen Wassertanks und abenteuerlichen Elektrikanschlüssen, die sich davor auf dem Gang befanden.
Um 15.00 Uhr erwarteten uns beide Guides, um noch die Aklimatisationstour des heutigen Tages zu absolvieren: Aufstieg zu einem Aussichtspunkt und Besuch des Sherpamuseums. Völlig unschwerer Spaziergang, der für uns mit dem ersten Anblick des Mount Everest gekrönt wurde. Auch das Museum war sehr interessant, sofern man English kann oder jemanden bei sich hat, der übersetzt.
Das Abendessen setzt sich zusammen aus der Knoblauchsuppe(!), frittierten Kartoffeln, Gemüsenudeln und Möhren-Kohl-Gemüse. Zu den Abendmahlzeiten werden auch hier, wie jeden weiteren Abend, Tees gereicht, zwei verschiedene Sorten. Wir beenden den Abend mit Touborg-Beer aus der Büchse und einige Runden Rommee.

 

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3. Tag: Namche Bazar
Dieser Tag stand ganz im Zeichen der Aklimatisation. Unsere Körper langsam an diese Höhe gewöhnen, 3400 Meter Höhe sind kein Pappenstiel.
Und so wandern wir aus Namche hinaus, begegnen Arbeitern, die Steine viereckig klopfen, die dann weiter verarbeitet werden. Stengellose Iris, auf denen noch die Regentropfen vom Vorabend glitzern, säumen genauso unseren Weg wie Manisteine mit farbig aufgemalten Mandras (Gebete). Leichte Rucksäcke und Gute Laune machen den Anstieg zum Spaziergang und die Pause auf dem Plateau wäre noch nicht nötig gewesen. Hier oben liegt Schnee, die Landschaft ist weiß gepudert. Diese Freifläche auf 3720m ist ein kleiner Flugplatz Syangboche, auf dem aber nur noch Hubschrauber landen dürfen, nachdem ein Flugzeug in den 80er Jahren verunglückt war. Der Baumbewuchs reicht hier fast bis auf 4000m hinauf. Wir erreichen nach zwei Stunden das Hotel "Everest View", Ziel unserer Tagesetappe. Phu erklärt uns an einem Modell der Landschaft die Berge, unseren Ausgangspunkt und die ganzen Etappen unserer Trekkingtour. Wir sind begeistert und zum ersten Mal habe ich eine Vorstellung von dem, was mich und uns erwartet. Auf was habe ich mich da nur eingelassen?
Auf der Terrasse lassen wir uns Kakao und Kaffee schmecken, ohne Blick auf den Mt. Everest, weswegen wir eigentlich hier sind und dem zu Ehren das Hotel seinen Namen hat.
Auf dem Rückweg machen wir bei herrlichem Wetter auf dem Plateau oberhalb von Namche eine längere Rast, machen es uns gemütlich und ich genieße zum ersten Mal so etwas ähnliches wie Urlaub. Den Nachmittag haben wir zur freien Verfügung und nutzen ihn zum Einkaufsbummel, besuchen die "Deutsche Bäckerei", um uns mit einigen Backwaren einzudecken. Erste kleine Unpässlichkeiten wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit machen sich in der Gruppe breit. Mein Mann erwischt das Letztere und kann uns nicht beim Einkaufen "helfen" ;-)
Der Tag endet mit Garlicsoup (;-)), Gebratenem Reis mit Gemüse und ein Stück Lasagne mit Pilzen gefüllt, zur Nachspeise Vanillepudding mit Wasser gekocht. Die Stimmung ist gut, sind wir doch weit weg von Kathamndu und den politischen Unruhen. Wir hatten Glück, sind planmäßig von dort fort gekommen. Was in 14 Tagen sein wird, kann jetzt noch keiner wissen. Phu bringt immer die neusten Nachrichten von den Streiks, den Ausgangssperren und Reisegruppen, die nicht starten oder wieder zurückkommen. Beängstigend, obwohl er uns versucht zu beruhigen: Touristen haben sie noch nie was getan!

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4. Tag: Von Namche Bazar nach Thame
Naja, zu den Nächten schreibe ich besser nichts. Damit man sich eine Vorstellung vom Frühstück machen kann: Toast, Rührei, dicke Bohnen in Tomatensoße, wahlweise Porridge oder Müsli, noch Toast und Marmelade. Susanne schleppt ein Glas Nutella mit und freut sich jeden Morgen! Mein Mann isst wenig, ich helfe ihm gerne. Kaffe (Wasser und löslicher Kaffee), Milch oder Tee nach Herzenslust stehen immer ausreichend zur Verfügung.
Die Stimmung ist gut und die Wanderung unschwer, aber zieht sich wie Kaugummi. Wir entfernen uns von unserem eigentlichen Ziel in eine andere Richtung, weil auch dieser Tag noch der Anpassung an die Höhe dient.
Wir ziehen durch mehrere Ortschaften, bekommen Gämsen gezeigt, treffen viele Träger und Kinder, denen wir Stifte, Blöcke und Luftballons schenken, bekommen im Gegenzug schöne Fotos dafür. Rhododendron, die Nationalblume Nepals, in allen Farben und Baumgrößen säumen unseren Weg. Tschörten, Gebetsfahnen und Manisteine komplettieren das Bild. Auch hier keine Spur von Fahrzeugen. Langsam frage ich mich wirklich, wie die hier ihre Waren transportieren. Nun gut, wir sind in einem Seitental, vielleicht reicht das Straßennetz noch nicht überall hin?
Völlig erschlagen erreichen wir 12.30 Uhr unsere Lodge in Thame. Mit klarem Menschenverstand sagt man sich: Ist doch keine Strecke, vier und eine halbe Stunde wandern mit drei Pausen. Oder? Und trotzdem ist es wahnsinnig anstrengend! Wir sind 3600m hoch!
Der Nachmittag wird, wie sollte es anders sein, mit einer Aklimatisationstour gefüllt. Es geht zum höchstgelegenen Kloster hinauf, auf fast 4000m. Wie ein Vogelnest an den Fels geklebt, so wirken die Häuser von weitem. Hier leben noch 30-40 Mönche, übrigens neben Tengboche das einzige Kloster hier im Khumbu, das auch heute noch bewohnt wird. Wir dürfen drinnen nicht fotografieren und halten uns daran.
Unterwegs bekommen wir vom Bergrücken aus die alte Seidenstraße nach Tibet gezeigt, sehen Tenzing Norgay sein Haus, das allerdings von seinen Nachfahren nicht mehr bewohnt wird, sondern nur noch für die Touristen erhalten bleibt.
Und dann bekommen wir um 18.00 Uhr atemberaubende Fotos von einem spektakulären Sonnenuntergang am Berg, bei dem der Mond hinter Thamserku und Kangtega zuschaute.
Zum ersten Mal erleben wir live, wie die Tochter des Hauses den Kanonenofen in der Mitte des Raumes mit Yak-Scheiße bestückt. Und das brennt wirklich! Fragt mich nur nicht nach dem dazugehörigen "Duft" ;-( In den Reisebeschreibungen hat gestanden, dass es ab einer gewissen Höhe kein Holz mehr zum Heizen gibt und deswegen auf dieses Naturmaterial zurückgegriffen wird, aber da stand nichts von dem Gestank...

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5. Tag: Von Thame nach Sanasa
Außerdem stand nichts im Reiseführer, dass die Badezimmer im Freien sind und das Wasser in einem Plastikeimer mit Hahn dran zur Verfügung gestellt wird. Hier war es noch angewärmt, aber es sollte noch schlimmer kommen...
Wir schenken der Tochter des Hauses Stifte und bunte Haargummis und dürfen im Gegenzug die Küche fotografieren. Was allerdings im Reiseführer stand, dass man um Fotos bitten muss und daran halten wir uns auch.
Wir wandern den Weg von gestern zurück und heute geht es erstaunlicherweise schneller und einfacher. Kurz vor Namche Bazar schlagen wir eine andere Richtung ein. Unsere Mittagslodge, die "Finjo-Lodge" auf 3755m) ist sehenswert. So viel Schmutz und Sammelsurium auf einen Haufen habe ich noch nicht gesehen. Ich fotografiere zwar, weiß aber schon vorher, dass die Fotos nicht annähernd das Ausmaß wiedergeben können. Auch hier schneken wir dem etwa zehnjährigen Sohn Stifte, aber mehr aus Mitleid, vermeide es aber, einen Blick in die Küche zu riskieren.
Nach einer Stunde ziehen wir weiter. Unser Ziel ist jetzt Khunde. Dort gibt es das einzige Krankenhaus, gestiftet von Edward Hillary und unterhalten aus dessen Fond. Für mich und noch eine Krankenschwester in der Gruppe eine ganz besondere Freude. Dass uns hier etwas anderes erwartet, als in Europa, habe ich mir ja gedacht, war dann aber trotzdem erstaunt, ob der bescheidenen Technik und den vielen geschenkten Hilfsmitteln, mit denen hier in dieser entlegenen Bergwelt viel anzufangen ist. Ein junger Arzt ist vor Ort und zeigt uns bereitwillig das ganze Hospital, natürlich spenden wir gerne. Mein Cousin ist Arzt, spricht fließend englisch und so entsteht zwischen beiden ein kollegiales Gespräch. All unsere Fragen beantwortet er gerne und zeigt uns jeden Winkel des sogenannten Krankenhauses. Man muss sich aber eher als eine Art Ambulanz vorstellen. (Mehr Ausführungen dazu würden hier zu weit führen, kann man im Buch lesen.)
Danach besuchen wir auf unserem Weitermarsch noch in dem Sherpadorf Khumjung die Gompa (Kloster). Hier dürfen wir fotografieren und tun es reichlich. Phu zeigt uns von weitem sein Wohnhaus. Man merkt es ihm an, er ist stolz darauf, ein Sherpa zu sein.
Um 16.00 Uhr treffen wir in der "Ama Dablam Lodge" in Sanasa (3600m) ein und haben einen atemberaubenden Blick auf Ama Dablam und das Kloster Tengboche, das vor uns auf einem Bergsattel ruht, unser Tagesziel von morgen. Hier haben sie ein Yak als Haustier mit Namen Yang-Ma. Für mich nicht immer erfreulich, weil das Vieh immer in der Eingangstür zur Lodge steht und mit seinem breiten Kopf samt Hörnern die ganze Tür ausfüllt. Und mit nichts ist es zu bewegen, beiseite zu rücken. Oft musste ich geduldig warten, bis jemand kam, der das Tier anfasst und beiseite zieht, oder die Wirtin von drinnen mit ihm schimpft. Seltsame Sitten.
3 Kinder der Nachbarschaft erfreuen uns mit ihrem Spiel und wir verschenken Strümpfe, Stifte und Notizblöcke, viele Dhanyabad's (Danke) ernten wir dafür. Wir machen mit Phu noch einen Abendspaziergang und erhaschen wieder einen Blick auf den höchsten Berg der Welt. Fasane, die er uns versprochen hatte, bekommen wir nicht zu Gesicht. Ich entdecke im Haus eine private Gompa und bin begeistert.
Zum Abendbrot gibt es als Vorspeise (man staune) Popcorn, als Hauptspeise Dal Bhat, (neben Momos das Nationalgericht) Reis mit Linsenbrei, für Gäste gibt es Gemüse dazu. Mischobst aus der Büchse wird uns noch öfter als Nachspeise gereicht werden.

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6. Tag: Von Sanasa nach Deboche
Es ist Karfreitag! Das Badezimmer wie gehabt im Freien. Das hat nicht jeder: Karfreitag bei Sonnenschein aus einem Kübel Wasser Grundpflege vorm Haus durchführen. Die ersten Träger ziehen vorbei, Arbeiter hämmern schon, Waren sind bereits auf den Mauern ausgelegt, da versteht es sich von selbst, dass man nur wenig Haut zeigt. Yang-Ma neben mir würde es nicht stören, wenn die Morgenpflege üppiger ausfallen würde. Zum Zähneputzen nehmen wir unser Wasser aus den Thermosflaschen, das wir uns abends heiß einfüllen lassen und diese Flaschen dann nachts als Wärmflaschen benutzen. Aqua-Clean-Tabletten beruhigen mein Gewissen, dass das Wasser nun weitestgehend keimfrei ist.
Unsere Guides und die Wirtin decken für uns auf der Terrasse und das ist nun wahrhaft ein Geschenk: Karfreitag um 7.30 Uhr mit diesem herrlichen Panorama im Sonnenschein nach Herzenslust frühstücken und schwatzen. So stelle ich mir Urlaub vor! Die drei Mädels von gestern überrasche ich mit einem Fläschchen Seifenblasen. Dieses Gaudi, diese Freude, das könnt ihr euch nicht vorstellen....
Aber alles hat mal ein Ende und so marschieren wir um 8.15 los, erst mal tief hinab ins Tal, um auf der anderen Seite wieder den Berg hinauf zu schnaufen. Erste Erkältungszeichen machen sich bei Gruppenmitgliedern breit. Phu geht mit uns eine Abkürzung, steil durch den Wald, was ich erst später erfahre. Es war hart an der Belastungsgrenze für so manchen. Der Staub, der vom Boden aufgewirbelt wird, reizt die Nasen und allen haben ihre Probleme damit, nicht erst seit heute. Erstaunlicherweise sind wir schon um 11.30 Uhr auf dem Bergrücken mit Blick auf das Kloster in 500 Metern Entfernung und den Mt. Everest in..., Luftlinie kann ich nicht schätzen.
Beim Herumstreunen auf dem Plateau finden wir kleine Geschäftchen und eine Konditorei, in der wir uns Gebäck kaufen. Köstlich! Die Mittagspause verbringen wir wieder vor einer Lodge im Freien und genießen das Essen. Ich bestelle mir Pizza mit Gemüse und Käse überbacken, lecker. Unsere Guides überwachen bei allen Mahlzeiten, ob wir ausreichend essen und trinken, um rechtzeitig zu erkennen, wenn jemand die ersten Anzeichen der Höhenkrankheit zeigt.
Dieses Kloster in Tengboche ist das Einzige, das man während der Zeremonie betreten darf und auch dabei fotografieren darf. Um 14.00 Uhr dürfen wir hinein und wir sind diesmal nicht nur von der Farbenvielfalt, sondern ganz besonders von den Klängen und den Handlungen beeindruckt. Ein roter Teppich zeigt den Besuchern, wie weit sie gehen und wo sie sich aufhalten dürfen. Zum Leidwesen aller werden die Fotos nicht so berauschend, weil man keinen Blitz verwenden darf. Nun gut, aber besser als gar nichts.
Vom Bergsattel ziehen wir um 15.00 Uhr auf der anderen Seite hinab ins Tal und erreichen unschwer unsere "Amadablam Garden Lodge" in Deboche. Hier gönne ich mir die erste Dusche (im Haus) mit warmem Wasser. Unbeschreiblich toll! Bei dieser Übernachtung haben wir mit Abstand das kleinste Zimmer unserer Reise. Die Ausstattung ist überall gleich, Holzpritsche mit Schaumstoffauflieger und ein Kopfkissen. Hier in diesem Zimmer haben wir Schwierigkeiten, unsere beiden Taschen und Rucksäcke überhaupt irgendwo hinstellen zu können. Dafür gibt es hier eine Toilette mit Klokörper in einem neu angebauten Hausteil. Fürs Toilettenpapier (muss man selbst mitbringen!) steht ein Eimer daneben und Wasser aus einer Tonne mit einem Napf zum Schöpfen benutzt man zum Nachspülen ;-)
Der Gastraum war an diesem Abend mehr als voll. Und da die Sachen zum Trocknen alle in der Nähe des Ofens aufgehängt werden, haben Susanne und ich unseren Spaß. Wir warten gespannt, wann die erste Socke zu qualmen anfängt und der dazugehörige Besitzer springt, um sie zu retten. Wir müssen nicht lange warten und haben Spaß pur. Wenn man sonst nichts zu lachen! Erkältungen nehmen zu und so fühlen sich manche dann auch.
Und zum ersten Mal seit Namche Bazar rufen wir unsere Tochter zu Hause an, damit sie unser Wohlbefinden allen Verwandten und Bekannten ausrichten kann. Sie wünscht uns "Frohe Ostern". Wie seltsam das klingt!

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7. Tag: Von Deboche nach Dingboche
Ernüchterung im Bad. 0°C vor der Tür, das Wasser im Bottich kalt, die Pfützen gefroren, kalter Wind - also nur Zähneputzen und Augen auswaschen, damit man gucken kann. Das reicht. Hab ja gestern erst geduscht!
Heute wird der erste "harte" Tag, was auch immer das heißen sollte. Rund 600 Höhenmeter bei der dünnen Luft, klar. Vor allem schreibt ja keiner dazu, wie viele man zwischendurch wieder hinunter geschickt wird, um die bereits erreichten wieder zu erklimmen. Susanne ist nicht gut drauf, kommt nicht so gut mit der Atmung und ihrem Laufrhythmus klar. Als wir dann in Shomare die 4000-Meter-Marke knacken, ist sie dann wieder fit, wenn man das so sagen darf. Das Land grüßt mit allem, was es zu bieten hat: Sonnenschein, herrliches Panorama, Glaubenszeichen und beeindruckend kargen Landschaften. "Einem Traumpfad gleicht die Etappe ins wasserreiche Tal von Dingboche", so steht es in unserer Reisebeschreibung.

Und dann begegnen wir völlig unvermittelt in freier Natur der Endlichkeit unseres Daseins. Auf einem Felsplateau etwas erhöht neben unserem Weg findet eine Trauerzeremonie statt. Ein Träger war hier vor vier Tagen an der Höhenkrankheit gestorben. Obwohl Tote sehr schnell verbrannt werden, mussten sie warten, bis alle Formalitäten erledigt waren und die Angehörigen eintrafen, die jetzt kurz vor der Verbrennungszeremonie sind. Den Toten hatte man so lange hier am Wegesrand in einem provisorischen Zelt bewacht. Zufällig befand sich hier auch eine heilige Stätte, wo man Verbrennungen durchführen kann. Still ziehen wir weiter.
Als wir den Imja Khola auf 4200m auf einer Bretterbrücke überqueren und dann pausieren, entstehen wieder herrliche Fotos, weil eine Yakherde vorbeizieht. Danach folgt eine endlos scheinende Hochebene, mit Staub, Strauchwerk und Manisteinen. Wir laufen scheinbar ohne Ziel. Und dann endlich vor uns Häuser. 12.30 Uhr erreichen wir die "Snow Lion Lodge" in Dingboche auf 4358m Höhe. Hinter dem Ort erheben sich Berge, von denen uns Phu einen als unseren ersten Gipfel von morgen mit über 5000 Metern zeigt.
Am Nachmittag führt er uns den Certec Bag vor, den Überlebenssack, der dem Körper, der von der Höhenkrankheit befallen ist, eine Höhe von 1500m simuliert. Geht es ihm dann besser, muss derjenige umgehend absteigen, im Notfall sogar mit dem Rettungssack transportiert werden.
Es folgt noch ein Spaziergang hinauf auf den Berghang, ca. 150m höher, zum Aklimatisieren. Der Abend wird lustig, weil noch eine andere Reisegruppe anwesend ist. Phu lernt uns das Lied "Resam Piriri", ein Endloslied, bei dem wir immer den Refrain mit singen müssen. Unserer Familie geht es ausnahmslos gut, andere kämpfen mit Grippe oder Übelkeit.

 

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Wer neugierig geworden ist, sollte sich das Buch kaufen "Ich wollte nie nach Nepal"